In diesem ersten Beitrag meines Spanienblogs möchte ich über eine originelle Eigenart berichten. Es geht um die in ganz Spanien wohlbekannte Maus namens ‚Ratoncito Pérez‘ und die ihr zugedachte Aufgabe als Zahnfee.
Die Geschichte der Zahnfee, wie wir sie auch in Deutschland kennen, stammt usrprünglich aus der amerikanischen und britischen Folklore. Wenn kleine Kinder einen Milchzahn verlieren, wird ihnen erzählt, dass sie diesen vor dem Schlafengehen unter das Kopfkissen legen sollen und in der Nacht die Zahnfee kommt und den ausgefallenen Zahn gegen ein kleines Geschenk eintauscht. Einer der ersten Belege für das Fabelwesen der Zahnfee (engl. Tooth Fairy) stammt aus der Chicago Daily Tribune aus dem Jahr 1908.
Den spanischen Kindern wird jedoch nicht von einer magischen Fee erzählt, sondern von einer kleinen Maus namens Pérez. Und auch wenn Ratoncito Pérez die bekannteste Figur ist, die spanische Milchzähne einsammelt, gibt es doch ein paar regionale Ausnahmen. Im Baskenland etwa ist von einem Marienkäfer die Rede, der auf dem Dach wohnt und herunterkommt, um die Zähne der Kinder zu holen. In Kantabrien hingegen ist es ein Eichhörnchen und in Katalonien fällt diese Aufgabe einem kleinen Engel zu.
Die Zahnmaus kommt nicht nur in Spanien sondern auch in anderen Ländern vor. Sie existiert etwa in Teilen von Belgien und der Schweiz, sowie in einigen südamerikanischen Ländern. Und auch in Frankreich wird den Kindern von ‚La Petite Souris‘ (dt. die kleine Maus) erzählt.
Im Verlauf der Originalgeschichte heißt es, dass die Zahnfee die Zähne für ihr Zauberschloss benötigt, das komplett aus Zähnen besteht, und sie den Kindern zur Belohnung eine Münze unter das Kissen legt. Auch die spanische Zahnmaus Ratoncito Pérez hinterlässt im Austausch etwas Kleingeld, Süßigkeiten oder ein anderes kleines Präsent. In manchen spanischen Spielzeugläden ist ein kleines Haus für die Maus namens Pérez integriert. Und nicht wenige Gemeinden haben für die berühmte Zahnfee in Mäusegestalt ein Häuschen eingerichtet – in der Axarquía findet man zum Beispiel in Torrox und Moclinejo, oder in dem kleinen Weiler El Acebuchal entsprechende Miniatur-Keramiken an Hausfassaden.
Die Einführung der Maus Pérez in die Kindermythologie wird dem Autor Luis Coloma zugeschrieben. Um 1894 war der Jesuit gebeten worden, eine Geschichte für den zukünftigen König Alfonso XIII zu verfassen, der zu jener Zeit acht Jahre alt war und einen Milchzahn verloren hatte. Jedoch tauchte bereits in einem 1884 geschriebenen Roman von Benito Pérez Galdos, der im Jahr 1868 spielt, eine Figur auf, die der Autor mit der Maus Pérez vergleicht. So ist anzunehmen, dass die Geschichte bereits vor Luis Colomas Werk bekannt gewesen sein muss.
Im Rahmen des Madrider Gedenkplans brachte das Rathaus eine Gedenktafel an der Calle del Arenal 8 an. Dies war die Adresse, an der Luis Coloma das Zuhause des Nagetiers verortet hatte. Auf der Tafel steht geschrieben: „Hier lebte in einer Keksdose in der Konditorei Prast die Maus Pérez, gemäß der Geschichte, die Pater Coloma für das Kind König Alfonso XIII schrieb.“ In einem benachbarten Raum wurde zudem ein Museum über Ratoncito Pérez eingerichtet.
Und auch an anderen Orten in Madrid wurde für die spanische Zahnmaus ein Zuhause geschaffen. So befindet sich seit Jahren eine kleine Tür an einem der Eingänge zum Bahnhof Banco de España – gleich nebem dem Hauptquartier der Armee und gegenüber der Banco de España. Die Miniaturtür wurde zu einer Kuriosität für Touristen, doch wurde sie mit der Zeit stark beschädigt. Am 10. Juli 2021 berichtete die Metro von Madrid jedoch, dass die Tür des Ratoncito Pérez wieder repariert worden sei.